Anke Cornelius
Mobil: 01724621712
Eine Frauensprecherin ist zuständig für sämtliche in dieser Empfehlung aufgezeigten Belange der Frauen im betrachteten Kontext, hier Freiwillige Feuerwehr. Sie unterstützt die Organisation und ihre Mitglieder in Bezug auf die Gleichstellung von Männern und Frauen. Wobei in einer männlich dominierten Organisation - wie sie die Feuerwehr ohne Zweifel darstellt - der Schwerpunkt auf der Vertretung der Interessen von Frauen liegt.
Im Folgenden werden zunächst Aufgaben der Frauensprecherin beschrieben, daran anschließend mögliche Tätigkeiten zur Erfüllung dieser Aufgaben identifiziert. Bei diesen kann es sich nur um eine Auswahl handeln, da neue Ideen und Tätigkeitsfelder jederzeit entstehen können und sollen.
2.1 Beitrag zur Durchsetzung des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebotes der Geschlechter.
Artikel 3, Grundgesetz [Gleichheit vor dem Gesetz]
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tat- sächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, [...].benachteiligt oder bevorzugt werden. [...]
2.2 Vertretung der Interessen der weiblichen Feuerwehrangehörigen.
Spezifische Interessen der weiblichen Feuerwehrangehörigen können unter anderem aus der oft stärkeren Einbindung in die Familienarbeit resultieren.
Die Berücksichtigung familiärer Gegebenheiten z.B. bei der Terminierung von Übungs- und Ausbildungsdiensten kann dazu beitragen, allen Feuerwehrangehörigen mit familiären Pflichten die Teilnahme zu erleichtern. Neben der Initiierung konkreter Maßnahmen ist eine Aufgabe der Frauensprecherin, dieses Thema ins Bewusstsein der Feuerwehrangehörigen zu rücken.
3.1 Innerhalb der Organisation Feuerwehr
3.1.1 Initiierung, Unterstützung und Begleitung von Maßnahmen der Frauenförderung
Frauenförderung bezieht sich hier auf die bereits in der Organisation tätigen Frauen. Beispiele für Zielsetzungen in diesem Zusammenhang sind:
Erhöhung des Anteils der weiblichen Führungskräfte Erhöhung des Frauenanteils bei Lehrgängen
Motivation von Frauen, Tätigkeiten auf „Verbandsebene“ zu übernehmen. Unterstützung, Initiierung von Maßnahmen, die eine Erhöhung des Anteils der Frauen in den Feuerwehren zum Ziel haben. (Abbau des „Minderheitenstatus“)
3.1.2 Anregung von Konzepten zum Abbau bestehender Benachteiligungsstrukturen
Voraussetzung hierfür ist das Wissen über die Auswirkung vorhandener Strukturen. Das Wissen bezüglich der vorhandenen Strukturen kann nur durch die Mitarbeit in den Gremien/Ausschüssen der Feuerwehrorganisation erworben werden, da Strukturen in der Regel nicht nur durch den organisatorischen Auf- bau, sondern auch durch gewachsene Handlungsmuster geprägt sind.
Wissen über die Auswirkungen von Strukturen kann ebenfalls nur über die aktive Mitarbeit der Frauensprecherin erworben werden. Ferner ist der regelmäßige Kontakt zu Personen -Männern und Frauen- aller Ebenen innerhalb der Organisation notwendig.
3.1.3 Vertrauliche Beratung und Unterstützung von Frauen
Hier steht die Tätigkeit der Frauensprecherin auf Anfrage im Vordergrund. Sie wird aktiv, wenn mit konkreten Fällen/Problemen an sie herangetreten wird.
In erster Linie fungiert sie hier als Ansprechpartnerin für Frauen, die „Probleme“ innerhalb der Organisation Feuerwehr haben. Sie steht aber auch als Ansprechpartnerin in der Feuerwehr zur Verfügung, wenn Konflikte auftreten, an denen Frauen beteiligt sind.
3.1.4 Verfassen von Stellungnahmen zu Maßnahmen, die innerhalb der Organisation durchgeführt werden.
Beispiele können sein: neue Satzungen, Geschäftsordnungen. Die Mitwirkung der Frauensprecherin bei Entscheidungen steht hier im Vordergrund. Mögliche Vorgehensweisen lassen sich aus den Konzepten des Gender Mainstreaming3 entnehmen.
3.1.5 Entwicklung von Projekten zur Stärkung und Förderung von Frauen und Mädchen
Ein Beispiel hierfür sind die bereits in der Praxis erprobten „Schnupperkurse“ im Bereich Atemschutz. Diese tragen dazu bei, dass Frauen „unter sich“ ausprobieren können, ob sie für diese Tätigkeit geeignet sind, ohne bei einem Scheitern Vorurteile z.B. unzureichende körperliche Leistungsfähigkeit zu manifestieren. Ein weiteres Beispiel sind Veranstaltungen ähnlich dem „Girls´Day“4, die auch Bereiche der Freizeitgestaltung im Blick haben.
3.1.6 Innerhalb der Feuerwehr die Bedeutung von Fraueninteressen bewusst machen.
Durch die Mitarbeit in Gremien und Ausschüssen haben die Frauensprecherinnen die Möglichkeit, auf Belange/Interessen hinzuweisen, die insbesondere Frauen betreffen. Diese resultieren oftmals aus den unterschiedlichen Lebenssi- tuationen von Frauen und Männern in der Gesellschaft. Frauen haben häufiger umfangreichere familiäre Verpflichtungen als Männer. Gerade die für die Feuer- wehr besonders attraktive Altersgruppe der 20- bis 40-Jährigen ist hiervon betroffen.
Die Frauensprecherin soll auf die Notwendigkeit der sprachlichen Gleichstellung von Frauen und Männern bei verbalen und schriftlichen Äußerungen von Männern und Frauen in den Feuerwehren hinweisen und deren Realisierung einfordern.
3.1.7 Betreuen und Initiieren von Frauennetzwerken
Netzwerke bieten den Frauen die Möglichkeit, sich untereinander auszutauschen und tragen dazu bei, ihre Position in der Organisation zu stärken.
Ein Netzwerk kann z.B. durch das Angebot eines regelmäßig stattfindenden Erfahrungsaustausches oder auch durch ein Forum im Internet initiiert werden.
3.1.8 Organisation von Veranstaltungen und Fachtagungen
Diese können zum einen dem Erfahrungsaustausch, zum anderen aber auch der Weiterbildung von Frauen dienen. Weiterbildung sollte hier unter dem Aspekt angewandt werden, dass Kompetenz in den meisten Fällen auch das Ansehen innerhalb der Organisation fördert.
3.1.9 Sie arbeitet nach persönlicher Schwerpunktsetzung in weiteren Aufgabenbereichen
Eine Frauensprecherin, die etwa auch als Führungskraft oder in der Ausbildung tätig ist, übt gleichzeitig eine Vorbildfunktion für Mädchen und Frauen in der Feuerwehr aus. Dies kann dazu beitragen, Vorurteile abzubauen und zum „Nacheifern“ anzuregen.
3.2 Außerhalb der Organisation Feuerwehr
3.2.1 Öffentlichkeitsarbeit
Erarbeitung und Begleitung von Aktivitäten, die die bisher „männlich besetzte“ Tätigkeit bei der Feuerwehr auch in der Öffentlichkeit für Frauen öffnet. Z.B. durch gezielte Aktivitäten bei Feuerwehrveranstaltungen wie Workshops, Tag der offenen Tür, Imagekampagnen.
3.2.2 Vertretung der Feuerwehr in Zusammenschlüssen von Frauenorganisationen
Zum Beispiel Mitarbeit in Gleichstellungskommissionen, wie es sie bei den hessischen Landkreisen gibt, oder anderen Arbeitskreisen, in denen Vertreterinnen verschiedenster Organisationen zusammenarbeiten.
Die Mitarbeit in diesen Gremien bringt folgende Vorteile:
Darstellung der Organisation Feuerwehr in Bereichen/bei Personengruppen, bei denen möglicherweise wenig Informationen über die Feuerwehr vorhanden sind. Erfahrungsaustausch mit in ähnlichen Bereichen tätigen Frauen.
3.2.3 Beteiligung der Feuerwehrfrauen an Veranstaltungen, die sich an Frauen richten
Beispielsweise Frauenmessen
Diese Ausführungen sollen Anregungen und Hilfestellung bei Einsetzung und Aufgabenbeschreibung von Frauensprecherinnen bei der Feuerwehr geben. Be- sondere Bedeutung sollte der Aufgabenbeschreibung beigemessen werden. Die Erfahrungen der Vergangenheit zeigen, dass Frauensprecherinnen in der Feuerwehr benannt oder gewählt werden, ohne im Vorfeld zu klären, welche Aufgaben sie wahrnehmen sollen. Hierdurch entstehen Unsicherheiten und Missverständnisse sowohl bei den Frauen, als auch bei anderen Personen, mit denen sie in Kontakt treten. Dies resultiert unter Umständen auch daraus, dass andere Funktionen und Aufgaben im Bereich der Feuerwehr meist klar definiert sind
(durch Dienstvorschriften, Satzungen o.ä.) und sich in dieser Eigenschaft von denen der Frauensprecherin unterscheiden.
Abschließend sei noch angemerkt, dass neben der Beschreibung der Aufgaben und den damit verbundenen Tätigkeiten Frauensprecherin in der Organisation der Feuerwehr derart verankert sein muss, dass die Rahmenbedingungen (Entscheidungsbefugnisse, finanzielle Mittel, etc.) für durchzuführende Maßnahmen vorhanden sind. Hierzu kann aufgrund der heterogenen Organisationsstruktur der Feuerwehren keine einheitliche Empfehlung gegeben werden.